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Karriere

Aus dem Labor ins Global Marketing

24. Aug, 2021 • 3 Min. Lesezeit

Hätte man ihn vor zehn Jahren gefragt, ob er nicht in die Industrie wechseln möchte, hätte er abgewunken: „Das ist nichts für mich.” Bei Eppendorf macht der Molekularbiologe Dr. Tim Schommartz, 35, nun Karriere im Global Marketing. Wie das geht und welche Vorteile sich für einen Naturwissenschaftler in einem Life Science-Unternehmen bieten, erläutert er im Gespräch.

Herr Schommartz, Sie haben eine klassische akademische Laufbahn eingeschlagen: Studium der Molecular Life Sciences an der Universität Lübeck, Forschungspraktikum in Singapur. Nach Bachelor und Master schließlich die Doktorarbeit am Leibniz Institut für experimentelle Virologie in Hamburg. Was hat Sie bewogen, umzuschwenken in die unternehmerische Laufbahn?

Mein Weg entsprach der klassischen Forschungslaufbahn. Schon während meiner vierjährigen Promotionszeit habe ich als Doktorandensprecher aber gemerkt, dass mir die Arbeit mit Menschen großen Spaß macht. Ich hatte ein Jahr als PostDoc gearbeitet und sogar ein attraktives Angebot auf eine geteilte Stelle in Hamburg und Kalifornien bekommen. Doch mein Gefühl war, dass ich mich nicht bis ans Ende meiner Tage einem wissenschaftlichen Spezialthema verschreiben möchte. Zum anderen sind die Rahmenbedingungen in der Forschung nicht ideal: Zeitverträge, Projektstellen, limitierte Forschungsgelder, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Fakt ist, ich suchte ohnehin eine alternative Perspektive, und da kam es mir sehr gelegen, als mich ein Headhunter kontaktierte und meine Bewerbung an Eppendorf weiterleitete. Dort habe ich mich dann ganz klassisch beworben und mich riesig gefreut, als ich die Zusage bekam.

Ihre erste Position bei Eppendorf war „Applikationsspezialist”. Was ist das genau?

Den Job gibt es in zwei Ausprägungen. Die eine ist eher technisch, die Arbeit findet in der Produktentwicklung statt und richtet sich vornehmlich nach innen mit den Entwicklungsteams wie Mechanik und Software. Die andere Ausrichtung ist marktorientiert, wie in meinem Fall, hier stellt der Applikationsspezialist das Bindeglied zum Kunden dar. In beiden Fällen ist es unabdingbar zu wissen, was genau mit den Eppendorf Produkten im Labor gemacht wird, also wie Labor und Forschung funktionieren. Es handelt sich um eine klassische Einstiegsposition für Naturwissenschaftler. Ich habe viele Schulungen besucht und konnte so meine wissenschaftliche Leidenschaft mit neuen Ideen aus dem Sales-, Marketing- und Portfolio-Bereich zusammenführen. Viele KollegInnen, die mit mir eingestiegen sind, befinden sich heute in anderen Rollen: als Projektleiter in der Entwicklung, als Portfolio- oder Produktmanager, einige mit Führungsverantwortung oder auch in Spezialistenrollen in der Applikation.

Sie sind nun seit vier Jahren bei Eppendorf. Wie wurden Sie bei Ihrem Werdegang vom Unternehmen und Ihren Vorgesetzten unterstützt?

Zu Beginn hatte ich schon etwas Angst vor der eigenen Courage: War das der richtige Schritt, schaffst du das alles? Diese Bedenken zerschlugen sich in den ersten zwei Wochen. Schon den Onboarding-Prozess bei Eppendorf habe ich als super professionell empfunden. Da wurde viel dafür getan, dass ich mich in der angedachten Position zurechtfinde. Die Unternehmensstruktur sieht vor, dass Weiterbildungen wahrgenommen werden können, um neue Fähigkeiten zu erwerben. Es gibt für jeden Mitarbeitenden die Möglichkeit, mit der Führungskraft einen persönlichen Entwicklungsplan aufzusetzen, und seit neuestem auch ein Talent Management Programm. Natürlich startet alles mit Eigeninitiative. Im „Individual Development Plan”, kurz IDP, kann jeder mit seiner Führungskraft besprechen, welche Ziele jeweils verfolgt werden. Ich habe Marketing und Produktmanagement als die Bereiche identifiziert, in denen ich mich weiterentwickeln wollte. Meine Führungskraft hat mich dabei umfänglich unterstützt!

Wie sind Sie im Global Marketing gelandet?

Während meiner Zeit als Applikationsspezialist habe ich schon festgestellt, dass mir Marketing viel Spaß macht: Was können wir für eine Kampagne wählen, welche Kundenansprache eignet sich, welche Materialien benötigen wir? Auch das Thema Design fasziniert mich als kunstinteressierter Mensch. Als dann intern eine Stelle unbefristet ausgeschrieben wurde, habe ich die Chance ergriffen und mich beworben. Ehrlicherweise hätte ich mir das während des Studiums nie vorstellen können, aber es ist genau mein Ding: Ich habe jetzt viel mit Menschen zu tun und kann globale Verantwortung übernehmen! Und auch jetzt wieder befinde ich mich in einem Entwicklungsprozess. Führungsverantwortung zu übernehmen, ist mein nächstes Ziel. Das liegt wohl auch daran, dass ich bisher ausgezeichnete Führungskräfte hatte, die ihre Verantwortung sehr ernst nehmen und mir genug Raum lassen, dass ich mich entfalten kann.

Wenn Sie Ihre jetzigen Weiterentwicklungsmöglichkeiten mit den wissenschaftlichen Konditionen vergleichen – wie fällt Ihr Fazit aus?

Der akademische Kosmos ist eng gesteckt, man geht einen Schritt nach dem nächsten, ich habe damals nicht rechts und links geguckt. Und was nicht zu unterschätzen ist: In der Wissenschaft sind die Karrieremöglichkeiten begrenzt. PostDoc-Stellen gibt es einige, aber Lehrstühle für Professoren sind doch sehr limitiert. Ich sehe mehr Karrierechancen in der Industrie. Und dabei meine ich auch, dass es mir die Gelegenheiten gibt, sich bei entsprechendem Engagement, in neue Aufgabenfelder hinein zu entwickeln. So nehme ich beispielsweise gerade an einem Programm mit dem Fokus „Diversity and Inclusion” teil, ein Thema, das mich auch persönlich sehr interessiert und bin außerdem als „Arbeitgebermarkenbotschafter” auf Job-Messen oder an Universitäten unterwegs, halte dort Vorträge über meine Arbeit. Kurzum: Ich habe den Wechsel ins Unternehmen keine Sekunde bereut.

Bestimmt spielen auch die Benefits in der Industrie eine Rolle?

Natürlich kann ein Unternehmen verstärkt monetäre Benefits bieten. Ob das jetzt ein höheres Gehalt, Bonuszahlungen oder die betriebliche Altersvorsorge ist. Und sicherlich sind auch die flexiblen Arbeitszeitmodelle oder gesundheitsfördernde Maßnahmen wie Betriebssportkurse oder Corona-Impfung ein sehr angenehmes Angebot. Aber für mich persönlich ausschlaggebend sind viel mehr die Inhalte: das Aufgabenfeld, die Weiterbildung, die Entwicklungschancen. Also der angesprochene Karriereplan, interne Fortbildungen, Mentoring. Ebenso die spannende Schnittstellenarbeit, die ausgezeichneten Führungskräfte und die tollen Kollegen.

Welche Tipps haben Sie abschließend für Naturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die gerade am Scheideweg zwischen Forschung und Industrie stehen?

Das kommt darauf an, in welcher akademischen Phase sie sich gerade befinden. Allen, deren naturwissenschaftliche Karriere noch jung ist, also etwa Bachelor- oder Masterstudierenden, würde ich immer raten bei einem Industriepraktikum reinzuschnuppern. Danach ist ein Direkteinstieg in die Industrie einen Versuch wert, das lässt sich etwa über verschiedene Trainee-Programme realisieren. Warum nicht auch den Master betriebswirtschaftlich ausrichten? Ein MBA ist eine sehr kraftvolle Kombination aus naturwissenschaftlichem Grundwissen plus betriebswirtschaftlicher Kompetenzen. Häufig braucht es zusätzlich zum naturwissenschaftlichen Fachwissen ein Grundverständnis von betriebswirtschaftlichen Prozessen und Begriffen. Das lässt sich auch nach und nach im Job aneignen, doch alle, die es direkt mitbringen, haben ein großes Plus! Wer weiter fortgeschritten ist, also bereits die Doktorarbeit schreibt oder eine PostDoc-Stelle innehat, dem rate ich, Bewerbungsschreiben aufzusetzen, flexibel zu bleiben und eventuell auch nebenher eine Business-Zusatzqualifikation zu erwerben: ein Vertriebstraining oder Ähnliches. Meine Erfahrung und die vieler Kollegen und ehemaliger Kommilitonen zeigt: Je früher man den Wechsel anstrebt, wenn man ihn denn möchte, desto einfacher ist es.

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